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  • Der Ruf der Meister
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  • „Nur Menschen, die nichts zu sagen haben, SCHREIEN!“ Es fällt mir schwer, diese Zeilen zu schreiben, vor allem, da ich mich nicht wirklich konzentrieren kann. Doch ich muss es tun, bevor sie mich verschlingen. Ich kann sie hören, zu jeder Zeit. Sie lassen mich einfach nicht in Ruhe und zerren an mir wie Hunde, die sich um ein Stück Fleisch streiten. Doch ich sollte von vorne beginnen, damit man wenigstens einen kleinen Überblick über meine beschissene Lage hat.
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  • „Nur Menschen, die nichts zu sagen haben, SCHREIEN!“ Es fällt mir schwer, diese Zeilen zu schreiben, vor allem, da ich mich nicht wirklich konzentrieren kann. Doch ich muss es tun, bevor sie mich verschlingen. Ich kann sie hören, zu jeder Zeit. Sie lassen mich einfach nicht in Ruhe und zerren an mir wie Hunde, die sich um ein Stück Fleisch streiten. Doch ich sollte von vorne beginnen, damit man wenigstens einen kleinen Überblick über meine beschissene Lage hat. Alles fing an, als ich in meiner Heimatstadt unterwegs war. Es war ein ruhiger, gemütlicher Abend, und ich hatte Lust auszugehen. Da meine Freunde weder Zeit noch Bock hatten, beschloss ich einfach, einen Spaziergang durch die Innenstadt zu unternehmen. Als ich durch die Straßen lief, die für einen Donnerstag genauso leer waren, wie ich es mir gedacht hatte, sah ich in einer kleinen Seitengasse einen Mann am Boden kauern. Da wir keine bzw. kaum Obdachlose hier hatten, dachte ich mir, dass dieser vielleicht Hilfe benötigte. Ich ging auf ihn zu und rief: „Hey du, alles in Ordnung? Ist was passiert, oder kann ich dir irgendwie helfen?“ Keine Antwort. Ich kam näher und sah, dass er am Boden hockte und sich die Ohren mit beiden Händen bedeckte. Er wippte vor und zurück und murmelte etwas Unverständliches vor sich hin. Als ich endlich neben ihm stand, sah er mich nicht mal an, sondern richtete seinen Blick einfach auf den Boden und machte weiter. Ich fasste ihm an die Schulter und wollte noch einmal fragen, doch soweit kam ich nicht mehr. Er drehte in dem Moment, in dem ich ihn berührte, seinen Kopf in meine Richtung und fing an zu lachen. Als er seinen Mund aufmachte, konnte ich einen Blick auf seine zerfetzte Zunge erhaschen und wich zurück. Es sah so aus, als hätte er einfach draufgebissen und nicht mehr aufgehört. Er stürzte sich auf mich, drückte mich zu Boden und schrie: „SIE HÖREN NICHT AUF!!! DIE MEISTER HÖREN NICHT AUF! Aber jetzt wird es endlich still. Sie wollen mich nicht mehr. Die Meister lassen mich sterben. SIE LASSEN MICH FREI!!“ Keine zwei Sekunden danach kippte er auf die Seite und war tot. Ich lag noch eine gefühlte Ewigkeit da und wusste nicht, wie mir geschehen war. Als ich mich wieder bewegen konnte, rief ich sofort die Polizei und einen Notarzt. Die Befragung war kurz, und der Arzt transportierte den Toten ab. Als ich gehen konnte, lief ich sofort nach Hause und legte mich schlafen. Das war definitiv zu viel für eine Nacht. Dunkelheit. Ich stehe in einem Raum aus purer Leere. Ich kann nichts sehen. Das einzige, das ich wahrnehme, sind mehrere Stimmen, die leise und doch deutlich flüstern. Es hört sich an wie das Zischen von Schlangen: „Er issst guuut“, sagte eine von Ihnen. „Aber er issst noch nicht reif“, hörte ich eine der Stimmen sagen. „Egaal, wir brauchen iiiihn.“ Plötzlich spüre ich, wie etwas Kaltes meine Schulter berührt. Ich drehe mich um, doch kann immer noch nichts sehen. Ich schloss meine Augen und hoffte, dass alles nur ein böser Traum war. Als ich sie wieder öffnete, lag ich tatsächlich in meinem Bett. Doch es war nicht wie ein Traum. Es war, als hätte ich das wirklich alles erlebt. Ich fühlte mich auch nicht ausgeruht. Ich war geschlaucht und hatte Kopfschmerzen. Ich beschloss, zuhause zu bleiben. Ich nahm Aspirin und setzte mich vor meinen PC. An diesem Tag passierte nichts Großartiges mehr, und ich ging früh zu Bett. Die Nacht darauf hatte ich wieder denselben Traum, doch diesmal konnte ich die Stimmen nicht verstehen. Sie waren zwar lauter, aber sie sprachen alle durcheinander. Es war wie ein Dröhnen, das nicht enden wollte. Schweißgebadet wachte ich auf. Es war Samstag, doch irgendetwas stimmte nicht. Ich sah auf die Uhr, und es war spät. Sehr spät. Leider kann ich mich nicht mehr erinnern, wie spät es genau war, aber bei dem, was gerade in meinem Kopf abgeht, müsst ihr das entschuldigen. Als ich aufstand, drehte es mich. Es fühlte sich an, als ob mich jemand in eine andere Dimension geboxt hätte. Dies hielt für eine gefühlte Ewigkeit an. Die Kopfschmerzen wurden stärker, und die Aspirin wirkten nicht mehr. Es wurde sogar so schlimm, dass ich am Morgen meinen Hausarzt aufsuchte. Dieser konnte sich jedoch keinen Reim darauf machen, wo die Schmerzen herkamen, und verordnete mir Bettruhe und ein starkes Schmerzmittel. Wie erwartet wirkte das Mittel nicht. Ich legte mich trotzdem hin, doch konnte nicht schlafen. Irgendwas fand in meinem Kopf statt, und ich konnte keinen Einfluss darauf nehmen. Als es Nacht wurde und der Lärm auf den Straßen weg war, konnte ich Stimmen hören. Die Stimmen schienen von weit weg zu kommen, und ich sah aus meinem Fenster. Nichts. Ich versuchte, es zu ignorieren, doch es ging nicht. Sie waren da, ohne wirklich da zu sein. Ich versuchte mich zu konzentrieren, doch statt sie loszuwerden, konnte ich sie immer deutlicher hören. Sie flüsterten nicht, sie riefen. Doch die Rufe kamen anscheinend aus weiter Ferne, und das einzige, was sie sagten, war: HUUUNGER! Ich bekam es mit der Angst zu tun, wollte aber nicht zum Arzt gehen. Wenn ich dem erzählen würde, dass ich seltsame Stimmen höre, würde der mich doch sofort zu den anderen Gestörten in die Klapse einweisen lassen. Ich versuchte erneut einzuschlafen. Es fiel mir leichter als gedacht, und es dauerte auch nicht lange und ich schlief ein. Und wieder die dunkle Leere. Doch etwas war anders. Ich hörte dieses Mal nichts und versuchte, in der Stille irgendwelche Geräusche ausfindig zu machen. Ich war erleichtert, als ich nichts wahrnehmen konnte. Meine Freude war nur von kurzer Dauer. Ich wurde wie beim ersten Mal von einer unsichtbaren kalten Hand ergriffen. Doch diesmal hielt sie mich so fest, dass es mir fast sämtliche Knochen brach. In dem Moment, in dem sie mich packte, fingen die Stimmen an, und diesmal waren sie unerträglich. Sie brüllten und kreischten, und ich fing an zu weinen. Ich rief: „LASST MICH IN RUHE!“ doch ich sie ignorierten es und riefen: „GIB UNSSS FRESSSSEN! WIR HABEN HUUUUNGER!!“ „SOOO HUUNGRIG!“ Ich war starr vor Angst und brachte keinen Ton mehr heraus. Doch die Stimmen machten weiter. „FÜÜÜÜTTER UUUUNSSSSS!“ Als ich endlich erwachte und dachte, es wäre vorbei, wurde ich eines Besseren belehrt. Ich hörte sie so deutlich wie noch nie und drehte fast durch. Ich sank auf die Knie und hob mir die Ohren zu. Es half nichts, und das Einzige, was die Stimmen sagten, war: „FRESSEN! FRESSEN! FRESSEN!“ Das Einzige, was mir einfiel, war zurückzurufen: „WAS?! WAS FRESSEN??!!“ Meine Augen weiteten sich, und ich hatte ein Bild vor Augen. Sie zeigten mir, was sie fressen wollten… Zungen. Ich erblasste. Mir wurde schlecht, und ich musste mich übergeben. Die Zunge, die sie mir zeigten, war keine Tierzunge oder eine der ´Delikatessen´, die man in Restaurants findet. Es war eine menschliche Zunge. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich konnte ihnen schlecht meine Zunge geben. Aber was sollte ich tun? Da fiel mir wieder das arme Schwein ein, das ich in der Straße getroffen habe. Wollte ich so enden? Nein, definitiv nicht. Manche von euch werden sich wahrscheinlich denken, es wäre unwahrscheinlich, dass ich einfach so losziehe und einem Menschen die Zunge rausschneide. Doch genau das war mein Beschluss. Wenn es eine Chance gab, dass die Stimmen aufhören, würde ich alles dafür tun. Ich wollte nicht verrückt werden, doch mittlerweile weiß ich, dass das schon lange zu spät war. Als die Stimmen nach fünf Tagen immer noch nicht verschwanden, reichte es mir. Sie ließen mich nicht schlafen, und ich begann, Wachträume zu entwickeln. Ich musste etwas unternehmen. Also beschloss ich, bei Anbruch der Nacht rauszugehen. Ich wusste nicht wie, doch ich musste ihnen geben, was sie wollen. Ich steckte ein Küchenmesser ein und verließ meine Wohnung. Es war eine schwüle Nacht, und ich sah einen von diesen Nordic Walkern. Ich folgte ihm. Ich wusste nicht, wie bzw. was ich tun würde, aber mein Gefühl sagte mir: Hinterher!! Nach fast 30 Minuten war er in ein kleines Waldstück gelaufen, und ich begann, ihm hinterherzurennen. Es war ein Leichtes, ihn einzuholen, da er nicht rannte. Die arme Sau hatte keine Chance. Ich stürzte mich von hinten auf ihn, stach ihm das Messer achtmal in den Rücken und ließ ihn ausbluten. Ich zog ihn tiefer in den Wald hinein und drehte ihn auf den Rücken. Ich setzte mich auf seine Brust und öffnete seinen Mund. Ich kam mit meinem Messer nicht an die Zunge ran. Kurzerhand schnitt ich ihm einfach die Backen ein und konnte dadurch seinen Kiefer weiter nach unten klappen. Die Zunge war nun freigesetzt worden. Ich stach in das wabbelige Ding und schnitt sie heraus. Der Teil mit der Zunge wäre geschafft, doch die Leiche würde ein Problem werden. Meine einzige Möglichkeit war, sie zu versenken. Ich steckte ihr Steine in die Taschen und stieß sie in den angrenzenden Fluss. Wenn der Kerl auftauchen würde, dann würde das ein paar Kilometer weiter sein, und niemand würde Fingerabdrücke finden. Ich sprang hinterher, wusch mir das Blut von den Klamotten und vom Gesicht und ging nach Hause. Mir fiel auf, dass die Stimmen während des Mordes kein einziges Mal zu hören waren. Ich ging patschnass nach Hause. Während ich lief, riefen sie: „JAAAAAA!! GIB SIE UUUNNNSSSS! WIR HABEN SOLCHEN HUNGEEERRRR!“ Ich kam zuhause an und legte die Zunge in eine Schale. Ich setzte mich auf mein Bett und konnte nicht glauben, was ich gerade getan hatte. Ich fing an zu weinen. Ich sah auf die Zunge und tatsächlich: Kleine Teile der Zunge fingen an, sich aufzulösen. Es sah aus, als würde sie einfach zu Staub zerfallen. Während des kompletten Prozesses war es ruhig. Diese Stille war herrlich, und ich konnte zum ersten Mal wieder klar denken. Nach 2 Stunden war die Zunge komplett weg. Es wäre auch zu schön, um wahr zu sein, wenn ich das auch von den Stimmen behaupten könnte. Doch als das letzte Stück weg war, fingen sie auch schon wieder an: „GIB UNSSS FRESSSSEN! WIR HABEN HUUUUNGER!!“ Ich konnte nicht noch einen Menschen töten. Ich konnte einfach nicht. Ich hatte noch nie so etwas Schlimmes gefühlt. Es war schrecklich, und ich habe schließlich auch ein Gewissen. Dass ich so etwas überhaupt tun könnte, hätte ich niemals gedacht. Ich beschloss, mich zu verbarrikadieren, und schloss meine Tür zu. Ich warf den Schlüssel in mein Waschbecken und wartete. Wenn die Stimmen nicht weggingen, würde ich mich einfach umbringen. 2 Tage vergingen, und ich hatte weder geschlafen noch gegessen. Sie ließen nicht locker und riefen ununterbrochen. Ich wurde zunehmend labiler und fing an, grundlos zu lachen. Selbstmord funktionierte nicht. Jedesmal, wenn ich mir etwas antun wollte, stoppte mich eine unsichtbare Hand. Ich konnte nichts dagegen machen. Also erhitzte ich eins meiner Buttermesser und nahm mir eine Schere. Ich griff nach meiner Zunge und schnitt die Spitze ab. Ich schrie und ließ alles fallen. Ich wandte mich vor Schmerz, doch ich hatte keine Wahl. Ich nahm das Messer und drückte es gegen meine Zunge. Es war ein Schmerz wie nicht von dieser Welt. Nach 5 Sekunden ließ ich das Messer fallen und sank zu Boden. Mein abgeschnittenes Stück lag auf dem Boden. Mein Plan ging auf. Es fing an, sich aufzulösen, und ich hatte für 20 Minuten meine Ruhe. Ich war so erleichtert, dass ich den Schmerz vergaß. Ich konnte klarer denken als jemals zuvor. Das geht jetzt schon seit 3 Tagen so, und ich habe nichts mehr übrig, das ich spenden kann. Aber die Meister sind immer noch hungrig. Sie wollen immer mehr. Sie werden niemals satt. Ich habe gerade mein letztes Stück für sie hergegeben. Ich schätze, fünf Minuten habe ich noch, bevor sie auch das gefressen haben. Was dann mit mir passiert, weiß ich auch nicht, aber ich glaube, ich werde einen Spaziergang machen. Es ist so eine wundervolle Nacht. Ich glaube, ich gehe in die Stadt. Die Meister werden sich über neue Gesichter freuen. Also, sollte das hier jemand lesen, denkt nicht zu schlecht von mir. Ich wollte meine Herren nur befriedigen. So wie ihr es auch eines Tages tun werdet. Kategorie:Mittellang Kategorie:Artikel ohne Bilder Kategorie:Geisteskrankheit Kategorie:Mord Kategorie:Tod