abstract | - Der Regen prasselte schwer auf meinen orangenen Overall. Der Tag verlief bisher ziemlich schlecht. Heute Morgen waren meine Schultern extrem verspannt und ich hatte Halsschmerzen. Direkt am Anfang des Tages schlechte Laune zu haben ist nicht wirklich die beste Voraussetzung für den Rest des Tages. Und so war es auch. Timothy war heute krank, weswegen ich seinen Platz hinten übernehmen musste. Was für ein scheiß Job. Aber immerhin verdiene ich damit zweieinhalb Riesen im Monat. Netto. Was tut man nicht alles für Geld. Jedenfalls verschlechterte sich über den Tag hinweg das Wetter ziemlich und hinten an der stinkenden Müllabfuhr zu hocken, während einem das eiskalte Regenwasser über das Gesicht läuft, trägt echt nicht dazu bei, dass sich die Laune generell verbessert. Normalerweise übernehme ich den Fahrdienst, sitze vorne im bequemen Hydrauliksessel der Fahrerkabine und lasse mir den Wind der Klimaanlage ins Gesicht blasen. Doch heute nicht. Timothy war krank und daher musste ich nach hinten zu Dreckschleuder und die vergammelten Mülltonnen entleeren. Noch dazu hatte die Schicht gewechselt und ich arbeitete mit drei ziemlich unangenehmen Neulingen zusammen. Sie waren von Anfang an nicht nett und der eine hat richtig gehässig gegrinst als er sich statt mir in die Fahrerkabine setzte. Ich heiße im übrigen George und bin 38. Falls das hier irgendjemanden interessieren sollte. Ich schreibe das hier übrigens erst ein paar Wochen nachdem sich der ganze Scheiß ereignet hat. Bis vor kurzem lag ich noch im künstlichen Koma. Wir arbeiteten uns gerade von Haus zu Haus und grau zu grau, bis wir schließlich vor einem unordentlichen Berg von Müllsäcken stehen blieben. Es dauerte fast eine halbe Stunde bis der Berg abgetragen war. Die beiden Penner korrigierten und wiesen mich die ganze Zeit zu Recht, obwohl sie selbst kaum etwas taten. Ich mochte sie von Anfang an nicht. Der Typ vorne am Steuer fuhr mich während dem beladen der Müllabfuhr sogar an, sodass ich hinfiel und der Müll, den ich trug, auf mir drauf landete. Das würde eine Beschwerde geben. Gerade, als ich einen stinkenden "Biomüllsack“ in den Lader hinten hinein stopfen wollte spürte ich Druck von hinten. Der beschwerende "Biomüllsack“ kippte über und zog mich mit in den bestialisch stinkenden Abgrund des Müllladers. Es gab keine Möglichkeit zum schreien, denn sobald ich den Mund aufmachte zogen mir die widerlichtesten und unausstehlichsten Gerüchhe in meine Nase und ich erbrach mich. Ich wurde panisch. Ich wusste nicht, wer mich hier hinein geschubst hatte. Ich konnte mich kaum bewegen, weil ich bei jeder Bewegung in den schleimigen Dreck und Papiermüll einsank. Dann hörte ich, wie der andere lachend einen Windelsack auf mich warf. Ein leises „Hilfe“ verließ meine Lippen, doch das dunkle Gesicht, das aus dem schwarzen Überlappen auf mich hinab schaute, schenkte mir nur ein gehässiges Grinsen. Wieso? Wieso sollte er mich hier hinein geschubst haben? Ich hatte ihnen nichts getan. Ich war immer einer der sozialen Müllmänner, nach dem Motto: „Der Müllmann, dein Freund und Helfer“, doch irgendetwas schienen sie an mir nicht zu mögen. Oder waren sie einfach nur Zufallstäter, die irgendwann aus Spaß irgendjemanden umbrachten. Dann fiel ich in Ohnmacht. Ich war eigentlich ziemlich abgehärtet von dem Gestank des Mülls, da ich schon über acht Jahre dort arbeitete, doch das wurde einfach zu viel für mich. Stinkende Windeln, verschimmelte Tapeten und abgelaufene Lebensmittel lagen um mich herum. Ich denke, niemand wird es mir übel nehmen, dass ich in diesem Moment abgeschaltet habe. Später wachte ich wieder auf. Immer noch in der Müllabfuhr. Um mich herum rüttelte und klapperte alles, was darauf hindeutete, dass wir fuhren. Wieder griff Panik nach mir. Wir waren auf der Rückfahrt zur Müllanlage. Und was mich dort erwartete, wusste ich nur zu gut. Ich schrie aus Leibeskräften, ignorierte den Würgereiz und schaffte es sogar mich in eine etwas bequemere Position zu bringen. Doch niemand antwortete auf mein Geschrei. Ich war einfach schon zu tief in den Müll gesunken. Niemand dort draußen konnte mich hören und niemand würde sich dafür interessieren, sollte es jemand hören. Plötzlich, unangekündigt wurde ich wieder bewusstlos. Zu meinem Nachteil. Ich war zwar wieder vom Gestank erlöst, doch ich bekam es nicht mit, als die Müllabfuhr die Dienstabteilung durchfuhr. Ich bekam es nicht mit, wie mein Vorgesetzter die anderen fragte, wo ich abgeblieben sei. Ich bekam auch nichts mit, als der Müll hinaus gekippt wurde. Später wachte ich in einer unglaublich schlimm stinkenden Einbuchtung auf. Von Müll begraben versuchte ich mich mit irgendjemand zu verständigen, doch der Geruch war zu überwältigend, als das ich meinen Mund hätte öffnen können. Ich bekam nur noch sehr schlecht Luft und musste durch einen winzigen Schlitz zwischen meinen Lippen atmen. Meine Kleidung war komplett durchnässt von ekelhaften Schleimen und Brühen: Ein Müllbeutel war aufgeplatzt. Nach mehreren Minuten verflog mein Ekel. Ich wimmerte einfach nur und wartete darauf, dass jemand kam um mich zu befreien. Nach einer knappen Stunde drehte sich dann plötzlich alles und ich merkte wie ich auf dem Müll dahinrutschte. Ganz kurz erblickte ich den grauen, wolkenverhangenen Himmel über mir und dann kam ich hart auf. Orientierungslos suchte ich nach einem Punkt, der mir hätte zeigen können, wo ich war. Doch meine Ohren sagten mir das schon. Einen immer lauter werdendes Brummen ertönte und ein Gedanke durchzog langsam, wie ein träges Faultier meinen Kopf. Ich war in der Müllverbrennungsanlage… Kategorie:Kurz Kategorie:Objekte Kategorie:Geisteskrankheit Kategorie:Schockierendes Ende
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