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  • Geschichten der Geister
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  • Herbst, 1943. Ich weiß nicht genau, wo wir sind. Irgendwo in Russland, vermute ich. Eigentlich ist es mir auch egal. Der Staffelführer teilte uns in zwei Gruppen auf, die aus jeweils 4 Kameraden bestanden. Eine normale Patrouille. Ferdi, Klaus, Martin und ich. Wir nahmen unsere Maschinengewehre samt Munition und eine Tagesration mit. Der Krieg, der Führer, Deutschland... Es ist mir eigentlich alles egal. Die Russen sind irgendwo hinter dem Wald. Das wussten wir. Ihre Panzer hört man schon, wenn sie aus der Fabrik raus fuhren. Der Winter war im Anmarsch, das hat man gespürt. Er hatte zu viel erlebt.
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  • Herbst, 1943. Ich weiß nicht genau, wo wir sind. Irgendwo in Russland, vermute ich. Eigentlich ist es mir auch egal. Der Staffelführer teilte uns in zwei Gruppen auf, die aus jeweils 4 Kameraden bestanden. Eine normale Patrouille. Ferdi, Klaus, Martin und ich. Wir nahmen unsere Maschinengewehre samt Munition und eine Tagesration mit. Der Krieg, der Führer, Deutschland... Es ist mir eigentlich alles egal. Die Russen sind irgendwo hinter dem Wald. Das wussten wir. Ihre Panzer hört man schon, wenn sie aus der Fabrik raus fuhren. Klaus nahm seine Stielhandgranate und machte sie scharf. Ich gab den Befehl zum Sperrfeuer. Der prasselnde Kugelhagel der MP40 nagelte die Russen fest und die Granate gab ihnen den Rest. Der Staffelführer brüllte uns an, als ob wir kleine Kinder wären. Er hatte bestimmt noch nie eine Waffe in der Hand... Und hat auch garantiert noch nie getötet. Die Tage vergingen und die russischen Truppen kamen immer näher. Die Vorräte wurden langsam knapp, also gruben wir uns ein und bereiteten uns auf die letzte Schlacht vor. Rückzug kommt nicht in Frage! Mein Zug war demoralisiert, also erzählte ich ihnen ein paar Geschichten von meiner Jugend. Der Winter war im Anmarsch, das hat man gespürt. Langsam stand ich auf und schaute aus meinem Schützenloch. Dort war nichts. Nur kalte Leichen, die durch Mörserbeschuss zerfetzt wurden. An diesen Anblick hatte ich mich schon längst gewöhnt. Überhaupt, ich war der einzige, der diesen Anblick ertrug. Meinen Kameraden wurde ständig übel, wenn sie eine alte, vergewaltigte Leiche eines Kindes oder einer alten Frau sahen. Kann man ja auch verstehen. Ich nahm meinen Kopf wieder runter und säuberte weiter meine Waffe. Es wurde langsam Nacht. Der Staffelführer hatte ein paar Feldplanen, welche von anderen Panzerkompanien zurückgelassen wurden, aufgesammelt und sie an die Truppe übergeben. Aus der Ferne hörte man, dass die Russen ihre Motoren anmachten. Es war wie ein Gewitter. Diese Nacht wird meine letzte, das akzeptiere ich. Dann begann es. Zuerst heftiges Artilleriefeuer. Ich setzte meinen Helm auf und wartete, dass eine Granate in mein Loch traf. Doch ich hatte Glück. Na ja.. ob man es wirklich 'Glück' nennen kann? Ich schaute auf. Die Bäume knickten um. Das müssen die Panzer sein. Aber es war bereits so dunkel, dass ich weder Panzer noch Infanterie sah. Der Staffelführer gab den Befehl zum Sperrfeuer. Ich stand auf und leerte das erste Magazin meiner MP ohne mit der Wimper zu zucken. Ein Maschinengewehr feuerte in Richtung Feind. Die Leuchtspurgeschosse erhellten für einen kurzen Moment den Wald. … Nichts ... Keine Panzer.. Keine Infanterie. Aber.. die Bäume.. sie wurden umgeknickt, als ob ein Panzer darüber gefahren ist. Brüllte der Staffelführer. Er stand direkt hinter meinem Loch. Aus der Ferne sah man ein aufblitzendes Licht, so wie von einem Gewehrschuss, nur ohne Schall. Dann tropfte etwas auf meinen Helm. Ich schaute nach oben. Sein Gesicht hing von seinem Kopf, so dass man seine Muskeln und Sehnen sah. Durch den Vollmond konnte man Nachts relativ gut sehen. Dann fiel er um. Glücklicherweise nicht in mein Loch. Der Sanitäter zog ihn hinter eine Feuerstellung und versuchte ihn wiederzubeleben. Was mit ihm passierte, war mir eigentlich egal. Dann begann wieder dieses Artilleriefeuer, wieder hat es mich nicht erwischt. Anders bei meinen Kameraden. Martin und Ferdi wurden von einer Artilleriegranate getroffen, man sah es deutlich aus ihrem Schützenloch qualmen. Nur noch Klaus, ich und einige andere aus dem zweiten Zug waren übrig. Doch der Terror hatte erst begonnen. Vorsicht! Russen! Flüsterte Klaus mir ins Ohr. Zwei große Silhouetten kamen direkt auf uns zu. Ich zog meine MP und feuerte drei kurze Salven ab. Durch das Mündungsfeuer erhellte sich mein Loch und als sich meine Augen wieder an die Dunkelheit gewöhnten, sah ich .. nichts. Klaus duckte sich, nahm die Hände auf seinen Helm und fing an zu weinen. Er hatte zu viel erlebt. Nun war nur noch ich da. Ich sammelte Munition von toten oder verwundeten Kameraden und lief in Richtung 'Feind'. Als ich leise von Baum zu Baum schlich bekam ich ein seltsames Gefühl. Ein Gefühl der Leere. Wieder ein Blitz, ich legte mich sofort auf den Boden und der Baum neben mir wurde in tausend Teile gesprengt. Was, verdammt noch mal, ist hier los? Eine russische Geheimwaffe? Unmöglich, die Russen können doch noch nicht einmal ordentliche Panzer bauen. Geduckt lief ich in die Richtung, aus der der Blitz kam. Ein Schützengraben! Ich nahm eine Handgranate und sprang hinein. Ich landete auf einer unglaublich entstellten Leiche eines russischen Soldaten. Wer.. oder was hat diesen Mann umgebracht? Mann konnte keine Einschüsse sehen, er sah aus, als ob er glücklich war, mit diesem Lächeln in seinem Gesicht. Ich ging weiter durch den Graben, fand aber nichts. Doch dann.. eine Stimme. Russisch! Langsam hob ich meinen Kopf um über den Graben zu schauen. Dort war er. Ein russischer Soldat mit einer Bibel in der Hand, er betete und weinte leicht dabei. Dann verstummte er. Langsam drehte er seinen Kopf in meine Richtung, ein entsetzlich verstümmeltes Gesicht schaute mir direkt in die Augen. Sagte der Soldat in einem klar verständlichen Deutsch. ... Dann starb er. Als ich weiter durch den Graben lief, bekam ich wieder dieses leere Gefühl. Mich überkam plötzlich furchtbare Trauer und ich versuchte, nicht, mitten im Wald, loszuheulen. Ein Knistern! Ich stand sofort auf und feuerte eine Salve ab. Dann hörte ich einen entsetzlichen Schrei. Er war so grausam, dass ich zu Boden fiel und mir die Ohren zu halten musste. Als es vorbei war spürte ich unglaubliche Schmerzen. Ich sah auf meinen Körper. Mein Bauch wurde getroffen und meine Innereien lagen auf meiner Hose verteilt. Ich spritzte mir eine Dosis Morphium und eine Dosis Antiseptikum. Dann nahm ich meine Innereien, schob sie wieder in meine Bauchhöhle und verband alles mit Mullbinden. Nachdem ich zwei Tabletten geschluckt hatte, stand ich auf und schaute mich um. Eine lange Blutspur führte in die Finsternis. Es war vorbei. Ich würde nicht mehr lange überleben. Doch ich wollte wissen, was mich getötet hat, also folgte ich dieser Blutspur. Irgendwann kam ich an eine Lichtung. Mit meiner MP im Anschlag lief ich langsam in diese Lichtung hinein. Ein großer Blutfleck war am Ende der Spur. Keine Leiche? Was ist hier nur los? Ich fiel auf die Knie. Meine Zeit war gekommen. Ich wurde müde, blieb aber wach. Dann wollte ich ein letztes Mal den Mond betrachten. Er wurde von einer schwarzen Gestalt bedeckt. Mich konnte nichts mehr schockieren.. Wer. Nein, was bist du? Fragte ich Blut spuckend. Die Gestalt kam näher und ich konnte sie nun klar sehen. Sie fiel vor mir auf die Knie. Eine zarte, engelsartige Stimme sprach zu mir. Sie weinte und nahm ihre Hände vor ihr Gesicht. Ich griff nach meiner Maschinenpistole und zielte auf dieses Biest. Dann drückte ich den Abzug und leerte mein Magazin. Ich schloss meine Augen und grinste ein letztes Mal, bevor ich starb.
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