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  • Prequel: Akuma
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  • Ich keuchte auf. Ich hatte Durst. Die Fesseln scheuerten meine Hände und Knöchel, von dem ständigen Sitzen tat mir schon alles weh. Die letzten Tränen rannen über mein Gesicht. Wie lange war ich schon hier? Tage? Wochen? Monate? Jahre? Wie hat alles noch einmal angefangen? Wer bin ich eigentlich überhaupt? Ein Stöhnen entwich meinen aufgesprungenen Lippen. An meinen Namen kann ich mich nicht erinnern. Doch ein Bild tauchte in meinem Gedächtnis auf: Etwa 170cm groß, also eher klein, schwarze, beneidenswerte Haare. Ein Piercing an der Lippe. Hat Mutter nicht geschimpft, als ich mit diesem Piercing nach Hause kam? Ich wollte schon immer zu der Gruppe der "Badboys" gehören, zu den tätowierten, muskulösen Typen, die immer am Hinterhof der Schule rauchten. Doch ich war immer dieser kleine, langw
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  • Ich keuchte auf. Ich hatte Durst. Die Fesseln scheuerten meine Hände und Knöchel, von dem ständigen Sitzen tat mir schon alles weh. Die letzten Tränen rannen über mein Gesicht. Wie lange war ich schon hier? Tage? Wochen? Monate? Jahre? Wie hat alles noch einmal angefangen? Wer bin ich eigentlich überhaupt? Ein Stöhnen entwich meinen aufgesprungenen Lippen. An meinen Namen kann ich mich nicht erinnern. Doch ein Bild tauchte in meinem Gedächtnis auf: Etwa 170cm groß, also eher klein, schwarze, beneidenswerte Haare. Ein Piercing an der Lippe. Hat Mutter nicht geschimpft, als ich mit diesem Piercing nach Hause kam? Ich wollte schon immer zu der Gruppe der "Badboys" gehören, zu den tätowierten, muskulösen Typen, die immer am Hinterhof der Schule rauchten. Doch ich war immer dieser kleine, langweilige Typ. Eine Träne verließ mein Auge. Wie kam ich nochmal in diese Situation? Wieso kann ich mich an nichts mehr erinnern? Das Quietschen einer Tür an den Angeln ertönte. Vorsichtig versuchte ich, meine verklebten Lider zu öffnen. "Du musst doch bei Kräften sein, damit wir Spaß haben können", hörte ich eine tiefe, unangenehm zu hörende Stimme in meinen Ohren. Ich versuchte zu sprechen, doch bloß ein Krächzen verließ meine Lippen. Wieso kann ich bloß nichts sehen? Ein Glas mit Wasser berührte meine Lippen, doch ich reagierte nicht, sodass der Mann es mir durch den Mund fließen ließ. Wieso kann ich nicht einfach sterben? Wieso kann die ewige Finsternis mich nicht empfangen? Es hat keinen Sinn, weiter zu existieren. Außer zum Vergnügen eines Psychopathen. Ich zwang, meine Augen vollständig zu öffnen. Es brannte wie die Hölle. Ein weißer Raum mit verschmutzten Wänden, eine Metalltür vor mir, ich selbst, auf dem Boden sitzend und mit Fesseln an die Wand befestigt, bloß mit einem weißen Kittel bekleidet. Ein kleiner Metalltisch stand neben mir, auf diesem allerlei Geräte, die ich von dieser Position nicht erkennen konnte. Der Mann vor mir war klein, dünn, mit einer Glatze. "Wo waren wir stehen geblieben?" Der hässliche Mann schritt zu dem Gerätetisch und holte - nach einigem Zögern - ein Bohrer. Seelenruhig setzte er eine Schraube an meinem bloßen Schienbein an. "Tu mir nichts!", brachte ich mit rauer Stimme hervor. Das wahnsinnige Lächeln des Mannes ließ seinen Körper beben. "Einem Teufel wie dich muss man aber bestrafen", murmelte er. Ein heiserer Schrei verließ meine Kehle, als er die Schraube in mein Schienbein bohrte. Unbeschreibliche Schmerzen, die ich seit langen fühlte. Danach holte der Mann ein Messer, mit dem er langsam mein Bauch bearbeitete. "Was bist du?", fragte der Mann wispernd. "E-Ein Teuf..." Ich hustete, meine Schmerzen wurden schlimmer. "Ich habe es nicht verstanden!", flüsterte der Mann mit einem Grinsen in seiner Stimme. Nun holte er eine Heißklebepistole und verteilte den Kleber sparsam auf meiner Wunde. "Ich bin..." Mein Bewusstsein schwand. Kurz, bevor ich ohnmächtig wurde, spürte ich eine Adrenalinspritze, welche an meinem Oberarm angelegt wurde. "Ich b-bin de-d-der Teufel!", brüllte ich fast. Mein Gesicht war nass von Blut und Tränen. "Gut so." Der Mann stellte seine Geräte ordentlich wieder hin, bevor er den Raum verließ. Bald ist alles gut, flüsterte ich in Gedanken. Ein Piepen. Ein lautes Piepen. Durchdringend. "...noch rechtzeitig gefunden. Schon seit drei Monaten im Koma..." "...wahrscheinlich nicht schaffen..." "...identifiziert als Akito Takagi, japanische Herkunft, in Deutschland jedoch geboren..." "...Akito-kun, bitte werde schnell wieder gesund [japanisch]..." "...grausame Taten..." [...] Ich schlug die Augen auf. Weiß. "Er ist wach!", schrie jemand. "Bin ich im Krankenhaus?", murmelte ich rau. Das darf ich aber nicht! Ich bin der Teufel! "Akito, du wirst wieder gesund." Ein Arzt. Groß, bärtig, schlank, um die vierzig Jahre alt, Ehering am Finger, nettes Gesicht. Langsam setzte ich mich auf. Mir ging es besser als erwartet. "Was passiert jetzt? Bin ich frei?", wisperte ich. Der Arzt lächelte. "Dein Peiniger, ein dreiundfünfzig Jahre alter Mann namens Lucius Wood, wurde bereits festgenommen. Dir kann nichts mehr passieren." Ich nickte langsam. "In einem Monat wirst du entlassen und darfst wieder in die Schule. Es sind keine bleibenden Schäden außer... nun ja..." Der Arzt setzte sich auf seinem Drehstuhl und begab sich näher. "Zum einen sind deine Stimmbänder nachhaltig geschädigt, du wirst jetzt dich daran gewöhnen müssen, rau und heiser zu klingen. Zum zweiten wurde bei dir ein seltenes Syndrom festgestellt..." Der Arzt nahm ein Handspiegel und drückte ihn mir in die Hand. Meine Augen weiteten sich. Meine schwarzen Haare. Waren weiß. Schneeweiß. Wie der Schnee im Wald bei den kältesten Wintermonaten. Reinweiß. Titanweiß. Wie meine Oma. "Dieses seltene Ereignis nennt man Marie-Antoinette-Syndrom, kommt selten bei großem Stress oder Trauma zustande." Ich sehe aus wie der Teufel, flüstert eine Stimme in meinem Kopf. Ich war ein normaler Schüler japanischer Herkunft. Jetzt bin ich der Teufel. Ich war schon immer der Teufel. Akuma. Ich bin ein böser Geist. Ich bin ein Dämon. Akuma. Ich bin der Teufel. "Heute wirst du entlassen, Akito", lächelte der Arzt, von dem ich inzwischen weiß, dass er Dr O'Brien heißt. Ich nicke langsam. Meine Mutter hatte mir vorhin Kleidung gebracht. Eine schwarze Hose und einen schwarzen Kapuzenpullover. Wahrscheinlich, um meine Haare mit jener Kopfbedeckung zu verstecken. Hastig zog ich mich an. Ich wollte keinen Moment länger hierbleiben. Doch du willst auch nicht zu deinen Eltern! Sie warten aber schon draußen. Ist es da Geld in meiner Hosentasche? Wahrscheinlich wusste Mutter nichts davon. Bevor Dr O'Brien mich aus diesem Zimmer rausholen konnte, öffnete ich das Fenster. Zweiter Stock, vor dem Fenster wuchs ein Baum mit breiten Ästen in die Höhe. Ohne weiterhin darüber nachzudenken, kletterte ich auf dem Baum und schließlich auf dem Boden. Können Teufel klettern? Mit diesen Gedanken rannte ich in die Freiheit. Wo ist mein Haus? Ein Teufel hat doch wohl Orientierungssinn. Ich will die Angst sehen. Die Angst meiner Eltern, die nicht wussten, wohin ich an diesen Tag verschwunden bin. Der Halbmond glänzte über mir, mich durch die Gassen leitend. War ich hier nicht an der Theodor-Heuss-Straße? Hier in der nähe müsste das weiße Haus mit der großen Garage sein. Mein Haus. Bald fand ich es, die Garage wie immer offen. Waren hier nicht meine beiden Dolche, die mir Opa zum Geburtstag geschenkt hat? Er wollte mit mir jagen gehen, doch er meinte, für ein Gewehr sei ich noch zu jung. Ich nahm die Dolche und den Gürtel, außerdem ein langes, dickes Seil. Ist meine Mutter nicht Hobbychemikerin? Irgendwo muss doch die Chloroform versteckt haben... Man wird davon nicht zu lange bewusstlos, es könnte funktionieren. Nachdem ich alles vorbereitet hatte, nahm ich den Ersatzschlüssel, der unter dem Teppich unseres Hauses versteckt war, und kam hinein. "Ich bin wieder da!", rief ich, mit einem Grinsen im Gesicht. Sofort kamen Mutter und Vater aus dem Wohnzimmer. Ohne weiteres Zögern setzte ich zuerst meinen Vater, dann meine Mutter unter Bewusstlosigkeit. Mann, sind sie schwer! Doch Teufel sind stark. Ich brachte ächzend und stöhnend meine Eltern vor dem Wohnzimmerfenster und band sie mit dem Seil fest, an Händen und Knöcheln mit Hilfe von dem Sofa, bei dem ich das Seil mehrmals umspannte. Nun konnten sie nur noch aus diesem Fenster schauen und hatten ansonsten auch keine Bewegungsfreiheit. Weil es mir so Spaß machte, stach ich ein paar Mal mit meinen Dolchen in deren Unterschenkel. So konnten sie nicht abhauen. Meine Mutter wurde wach. "Was machst du, Akito-kun?!", schrie sie, zum einen wegen dem physischen, zum anderen wegen dem psychischem Schmerz. "Zeig mir Panik", flüsterte ich, "ich will Angst und Panik sehen." "Du weißt nicht, was du da tust!", kreischte sie entsetzt und versuchte sich vergeblich zu befreien. Ja, diese Panik beruhigte mich. Ich ging seelenruhig in die Garage, um mit Öl und Streichhölzer zu besorgen. Die Angst ist gut. Denn Teufel leben von der Angst ihrer Opfer. Ich ging zum Wohnzimmer zurück. Meine Eltern waren beide wach, hatten Schmerzen und krümmten den Kopf nach hinten, um zu sehen, was ich da gerade machte. Nachdem ich das Öl ausgeschüttet hatte, ließ ich ein brennendes Streichholz fallen. "Lass uns hier raus!", brüllten beide. Doch ich rannte nur aus dem Haus, um ihre panischen Augen vor dem Fenster zu sehen, während sie bei lebendigem Leibe gebrutzelt wurden. Denn ich lebe von der Angst und Panik. Ich bin Akuma. Ich bin der Teufel. Kategorie:Kurz Kategorie:Artikel ohne Bilder Kategorie:Tod Kategorie:Geisteskrankheit